████ und ich machen uns auf den Weg in Richtung Tulpenbrunnen. Wir parken auf dem Pennyparkplatz und sortieren unsere letzten Gedanken. Heißes Wasser, Frenchpress, Kaffeepulver — alles da. Wir springen kurz zum Penny rein und kaufen noch eine Packung Minischaumküsse, Prinzenrolle und eine Tüte Milch. Anschließend laufen wir in Richtung des ehemaligen Spielplatzes und halten nach einer geeigneten Parkbank Ausschau. Es ist recht kühl heute und plötzlich einkehrender Regen unterbricht andauernd den Sonnenschein.
Wir setzen uns auf eine Bank in der Sonne, hinter uns direkt der Tulpenbrunnen, zu unserer Linken der Pennymarkt und eine Gruppe Menschen, die sich dort zum Austausch getroffen hat. Wir sehen noch einige ältere Menschen mit Gehstock und Rollatoren ebenfalls am Platz sitzen und an uns vorbeilaufen. Es werden Schaumküsse ausgepackt, Kaffee vorbereitet und Becher noch eben fix aus dem Kofferraum geholt. Alles ist vorbereitet, wir lassen uns auf die Situation ein und warten ab. Wir beobachten die Menschen um uns herum und sie beobachten uns. Als ein älterer Herr an uns vorbei in Richtung der nächsten Bank steuert, lädt ████ ihn zu einem Becher Kaffee ein. Ein ungläubiger Blick, gepaart mit Kopfschütteln und einem schroffen „Nein!“ trifft uns entgegen, der Mann läuft weiter. Einige Minuten später kommt eine ältere Dame an uns vorbei, bei der wir ebenfalls unser Glück versuchen. Nach mehrfachem Nachfragen hat sie verstanden, dass wir ihr einen Keks angeboten haben, erwidert jedoch mit einem ablehnenden, freundlichen Lächeln. Sie habe sich eben bereits etwas Süßes eingekauft. Wir realisieren, dass mit dem heutigen „Aufbau“ kein Anschein eines „Spektakels“ entsteht, sondern eher der eines netten, privaten Picknicks zweier Freundinnen. Wieso sollte man sich einem Picknick zwei junger Damen anschließen und ein wenig plaudern?
Die Versuche in Kontakt zu kommen gestalten sich ein wenig schwierig. Jedoch haben wir einen kleinen Teil der Aufmerksamkeit der Personengruppe, die sich vor dem Supermarkt versammelt haben. Können wir jetzt einfach dort rüber gehen und sie mit unserem Anliegen konfrontieren? Kann uns etwas dabei passieren, auch unter dem Gesichtspunkt, dass dort offensichtlich Alkohol konsumiert wird? Können wir die Gruppendynamik gut genug lesen um abzuschätzen, dass es nicht als übergriffig und unangebracht eingeordnet wird, wenn wir etwas für sie tun möchten?
Wir entscheiden uns für Plan B, noch mehr Aufmerksamkeit erregen und signalisieren, dass Kontakt erwünscht ist. Darauf hoffen, dass sich einzelne Personen aus der Gruppe lösen und aktiv auf uns zukommen. ████ begibt sich auf den Spielplatz. Sie schwingt sich auf die Federwippe und balanciert auf und ab. ████ fällt. Wir lachen. Die Gruppe beobachtet, tuschelt und lacht ebenfalls. ████ geht zum zweiten Schritt über die Wippe. Sie springt auf den Holzbalken und versucht durch mittiges Stehen den Balken perfekt waagrecht auszubalancieren. Sie legt sich auf den Balken und fängt an mit den Armen zu paddeln. ████ ist jetzt auf offener See und jagt auf ihrem Board der nächsten Welle nach. Der erste Ruf ertönt „Sach ma, brauchst du da drüben Hilfe?". ████ lacht und erwidert, dass es so schon ganz gut geht.
Die Sonne wandert, unsere Schaumküsse beginnen bereits zu schmelzen und wir ziehen auf eine andere Bank um. Jetzt sitzen wir gegenüber der Gruppe. Perfektes Sichtfeld für beide Parteien. begegnen uns durch Zufall, da sie ebenfalls zum Tulpenbrunnen gekommen sind, um an ihrem Projekt zu arbeiten. Wir werden ein paar Kekse los und passen solang auf ihre Räder und Taschen auf. von einer Begegnung mit der Gruppe ein paar Wochen zuvor. Sie ist wohl einem der jungen Männer aufgefallen, was ihr beim Vorbeigehen auch lautstark von mehreren Leuten verkündet wurde.
Der Regen kommt, den wir zum Glück nur ein wenig abbekommen, da wir unter großen Bäumen sitzen. Trotzdem zieht schlechtes Wetter auf, es wird kalt und windig und wir möchten so langsam gehen. Wir packen unsere Sachen zusammen, verabschieden uns von unseren Gruppenpartnerinnen und steuern geradewegs auf die Gruppe zu. Wir sind immer noch davon überzeugt, dass sie mit Sicherheit den ein oder anderen Wunsch zu äußern haben. Wir bieten einen Keks an, darauf wird nicht reagiert, nur ein Mann lehnt dankend ab. Wir stehen vor der Gruppe, alle Augen liegen auf uns. Die erste Frage trifft uns: „Ihr seid Studenten, oder?". Wir antworten: „Ja, genau. Deshalb sind wir hier, für ein Projekt der Uni“. Während ████ das sagt hör ich einen Mann im Hintergrund brummeln: „Die kommen aus der Altstadt“. Ich konzentrier mich auf das Gespräch zwischen ████ und Lars, wie wir später erfahren werden. Es wird skeptisch erfragt, wieso wir hier sind und was wir hier machen. Als klar wurde, was unser Ziel ist, erhellt die Stimmung. „Ach ihr seid die, die hier die, die hier dienstags mit den Kindern spielt und bastelt! Wir sehen das immer von hier hinten. Toll ist das, dass ihr das macht. Dann haben die auch mal was zu tun und müssen nicht nur nebendran stehen und sich beschäftigen, wenn wir uns hier treffen."
Erste Ideen und Wüsche kommen auf. Weniger arbeiten, mehr Geld. Kurze Stille. Dann meint Lars: „Na watfür die Kinder wär doch ma was". Es hätte hier doch noch vor einigen Jahren diesen tollen Spielplatz gegeben. Dort wurden sie zwar immer weggeschickt, wenn sie sich nachmittags zum Trinken des Feierabendbiersgetroffen haben, jedoch war er eine tolle Ablenkung für die Kinder. „Ein Spielplatz, wo wir die Kinder lassenkönnen, während wir im Penny einkaufen sind. Das wär toll", so der Wunsch. Am besten etwas, wo sie sichrichtig auspowern können und ein bisschen Dampf ablassen. Wir kommen gemeinsam auf die Idee eines»Open-Outdoor-Gyms" Vielleicht auch ein Ort, an dem wir sportorientiere Kurse für Kinder an den Gerätenanbieten. „Das wär wirklich mal was" wird von mehreren Leuten kopfnickend bestätigt. Wir werden gefragt,wie wir eigentlich heißen. „████ und ████ heißen wir, und ihr?“. Einer antwortet, „Ich bin der ████“. „Hallo ████, schön dich kennenzulernen“. „Und wie heißt die in der Jeans?" fragt uns ein Mann, etwas älter als wir. Es wird gelacht und getuschelt. Wir schauen an uns herunter, wir tragen heute beide Schwarz. Wir drehen Die in der hellenuns um, als wir sehen, dass einige auf jemanden hinter uns zeigen. Sie meintenJeans. Von der will ich den Namen wissen. Er hier braucht nämlich noch ne Freundin und findet sie gut." Es wird auf einen jungen Mann gezeigt, der uns verlegen und belustigt zugleich entgegenblickt. Alle lachen, jeder findet es offenbar witzig. Wir antworten nicht, auch nach mehrfacher Nachfrage. Ich fühl mich sehr unwohl und möchte ihnen auch nicht ihren Namen verraten. Wir lassen das gespräch auslaufen, verabschiedenuns freundlich von ihnen und gehen zurück zum Parkplatz. Wir sind ziemlich durch den Wind, enttäuschtvom wenigen Kontakt und dem mehr oder minder misslungenen Ausflug und fahren mit gemischten Gefühlen zurück zur Uni.